Marc Konstanzer, M.A.

E-Mail: marc.konstanzer@uni-konstanz.de
Promotionsprojekt
Zwischen Aktivismus und Distanzierung – Die Genese der sozialwissenschaftlichen Neuen Sozialen Bewegungsforschung in den 1970er und 1980er Jahren
Das Projekt beschäftigt sich mit der Geschichte der sozialwissenschaftlichen Erforschung der „Neuen Sozialen Bewegungen (NSB)“. Der Begriff entstand in den späten 1960er Jahren im Zusammenhang mit den Studien des Aktivisten und Soziologen Alain Touraine und den Diskussionen um eine postindustrielle Wissensgesellschaft. Im Laufe der 1970er und 1980er Jahre etablierte sich das Forschungskonzept unter anderem mit den Studien von Alberto Melucci und Claus Offe, aber auch mit empirischen Arbeiten etwa von Karl-Werner Brand, Dieter Rucht oder Joachim Raschke.
Ausgangspunkt des Projekts ist die Beobachtung, dass in der NSB-Forschung, wie einer ihrer Pioniere schrieb, „überwiegend junge, wenig etablierte Wissenschaftler(innen)“ aktiv waren, die aufgrund „ihrer eigenen Erfahrungen in sozialen Bewegungen“ Forschungsprojekte aufnahmen und sich sogar, „ähnlich wie die Bewegungen selbst“, informell in Personennetzwerken organisierten. Es entstanden Publikationsforen, die „ausdrücklich die Kommunikation zwischen Bewegungsforschern und Bewegungsaktivisten“ fördern sollten. In diesem Zusammenhang soll erforscht werden, ob „movement intellectuals“ partizipatives Wissen in Bausteine des Theoriegebäudes der sozialwissenschaftlichen NSB-Forschung umformten und inwieweit ihre Prämissen und Perspektiven aktivistisch geformt waren. Gefragt wird also nach dem Wechselverhältnis von Aktivismus und sozialwissenschaftlicher Forschung.
Die frühe Politisierung der Bewegungsforschung in den 1970er und 1980er und die lebenspraktische Eingebundenheit ihrer Akteure in das linksalternative Milieu, bedeutet nicht von vornherein, wie Michael Th. Greven 1988 polemisierte, dass die Bewegungsforschung „zu einer bloß affirmativen Begleit- und Akzeptanzforschung“ „verkümmert“ sei. Das durchaus komplexe (Wechsel-)Verhältnis von beiläufigem und informellem Wissen einerseits und theoretischen Erkenntnissen andererseits, von praktisch erworbenem Bewegungs- und Anwendungswissen und der Formulierung und Produktion von Theoriewissen ist noch nicht systematisch erforscht worden. Erstmals sollen daher die übergreifenden Denk-, Wahrnehmungs- und Beurteilungsschemata europäischer (und US-amerikanischer?) Pioniere der sozialwissenschaftlichen NSB-Forschung in der 1970er und 1980er Jahren untersucht werden.
Durch einen Vergleich der aktivistischen Teile der Sozialwissenschaft mit den distanzierteren Bewegungsforschern sollen die Auswirkungen und Konsequenzen der epistemologischen und moralischen Konsequenzen, die sich daraus ergeben könnten, dass Forscher und Beforschte enge (und z. T. normativ geladene) Kollaborationen miteinander eingehen, untersucht werden. Durch die zeitliche Distanz verspricht dieses Projekt eine ernüchterte Analyse ehemals polemisch geführter Kontroversen.
Mein Portrait
10.2014 – 09.2018 BA-Studium (Hauptfach: Neuere und neueste Geschichte, Nebenfach: Politikwissenschaft) an der Universität Konstanz und Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
10.2018 – 05.2022 MA-Studium (Geschichtswissenschaft, Schwerpunkt: Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts) an der Universität Konstanz
Praktika:
Zentrale Studienberatung Universität Konstanz
D.I.E. Firmenhistoriker GmbH, Aalen
Forschungsinteressen
Geschichte sozialer Bewegungen
Wissensgeschichte
Geschichte der Bundesrepublik Deutschland seit 1945
Stipendien
08.2022 – 12.2022 Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter finanziert durch das Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung