Aktuelle Forschungsprojekte

DFG-Netzwerk: More than just a Job? Towards a History of Work in the Cultural Economy

Das DFG-Netzwerk bringt Historiker:innen und Forschende aus angrenzenden Disziplinen zusammen, um Arbeit in der Kulturwirtschaft in historischer Perspektive zu untersuchen. Ausgangspunkt der Initiative ist zum einen die Beobachtung, dass „kreative Arbeit“ in den letzten 25 Jahren zwar durchaus Bestandteil der sozialwissenschaftlichen Forschung war, diese jedoch auffallend präsentistisch vorging. Das erste Ziel des Netzwerks besteht insofern darin, diesem Präsentismus entgegenzuwirken, indem sowohl die Kulturarbeit selbst als auch ihre sozialwissenschaftliche Erforschung historisiert werden. Zum anderen wurde der Bereich der Arbeit im kulturellen Sektor von Historikern weitgehend vernachlässigt. Mit einer multiperspektivischen Untersuchung von moderner Kulturarbeit seit ihrer Entstehung im späten 19. Jahrhundert verfolgt das Netzwerk das Ziel, einen Beitrag zur historiografischen Debatte zu leisten, der den Forderungen einer neuen Arbeitsgeschichte gerecht wird und zugleich wichtige Einblicke in die Geschichte der postindustriellen Arbeit verspricht.

Das Netzwerk nimmt im Frühjahr 2023 seine Arbeit auf. Im Laufe der nächsten drei Jahre werden fünf Workshops veranstaltet, die sich dem Arbeitsethos von Kulturschaffenden, der kollektiven Selbstorganisation, Urheberrechtsfragen, der Rolle des Staates, Transnationalisierungsprozessen und nicht zuletzt übergreifenden historischen Narrativen widmen werden.

Infrastructures of Musical Globalization, c. 1850–2000

Infrastructures rarely come to mind while making or listening to music. As an ephemeral and affective experience, music of whatever origin is difficult to capture, locate, and pin down. And yet, without the emergence, development, transformation, and deterioration of infrastructures since the nineteenth century, such experiences would have taken quite a different path. Drawing on recent developments in the history of music – including praxeological approaches, cultural diplomacy studies, and global historical perspectives more generally –, this workshop delves into the material and entangled conditions as well as the explicit and implicit prerequisites of making music at a transnational and global level. We assume that the presence (or lack) of infrastructures was closely linked to the production conditions of musical culture, which pilots us to issues of law and regulation, industry and organisation structures, technology and media, transportation, occupational careers, and markets. Likewise, we suppose a strong connection between musical infrastructures and the formation of musical meanings and patterns of musical reception. Overall, thinking through the lens of musical infrastructures will readdress the role of both public and private institutions in the (un-)making of global musical life and at the same time shed new light on the changing topography of cultural globalisation since 1850 more generally, including its peaks, halts, and reversions.

"Infrastructures of musical globalization" is a joint project with Dr Friedemann Pestel. It is based on a workshop which was hosted by the KHK global dis:connect and took place in June 2022 at the Historisches Kolleg, Munich. A Publication is in preparation.

African Voices in Global Intellectual History

In der geplanten Quellenanthologie sollen afrikanische Persönlichkeiten des 19. und 20. Jahrhunderts in kommentierten Originaldokumenten zu Wort kommen. Gerade afrikanische Akteur*innen bleiben nach wie vor weitgehend unberücksichtigt in der Ideengeschichte oder werden auf typisch ‚afrikanische‘ Thematiken wie Nationalismus, Antikolonialismus und Antirassismus reduziert. Vor diesem Hintergrund möchte der Reader dazu beitragen, afrikanische Stimmen in das globalgeschichtliche Blickfeld einzubringen und damit neue Forschung anzuregen. Explizit zielt der Reader auf eine vielfältige Anwendung in der Lehre ab; Seminare zur afrikanischen Geschichte sollen von ihm genauso profitieren können wie Veranstaltungen zur globalen Ideengeschichte und zu anderen globalgeschichtlichen Themenfeldern.

Entwicklung denken. Zur Rezeption der Historischen Schule der Nationalökonomie

Das Projekt nimmt eine neue Deutung der Historischen Schule der Nationalökonomie vor, wie sie sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland herausbildete. Es soll gezeigt werden, wie die Historische Schule als Impuls und Katalysator für die Durchsetzung eines modernen Entwicklungsdenkens wirkte, das historisch, empirisch und damit relativistisch und interventionistisch war und zugleich in eine offene und vielfältige, jedenfalls aber hoffnungsvolle Zukunft wies. Vertreter der Historischen Schule hatten vorwiegend ihre eigenen Nationalstaaten und Gesellschaften vor Augen. Sie verglichen diese mit anderen Ländern, behielten dabei aber ihre lokalen bzw. nationalen Problemstellungen fest im Blick. Ein rein europäisches bzw. westliches Konzept war Entwicklung deshalb trotzdem nicht. Vielmehr ist die Rezeption der Historischen Schule als „Globaler Moment“ zu lesen, in dem die Entwicklungsidee in relativ kurzer Zeitspanne zwischen 1880 und 1914 als abstrakte, zugleich zentrale ökonomische Denkfigur weltweit angeeignet wurde. Relativistisches ökonomisches Entwicklungsdenken war so längst lokal verankert, als die Entwicklungsökonomie ab den 1940er Jahren die These von der Monoökonomie erneut in Frage stellte.

Teilergebnisse dieses Projekts sind jetzt als Artikel in der European Review of History erschienen. Darin wird gezeigt, dass das Internationale Statistische Institut Vertretern der Historischen Schule als zentrale internationale Plattform diente, um Vorstellungen einer messbaren sozioökonomischen Entwicklung zu verbreiten. Damit wird zugleich dem Institut und der Historischen Schule ein angemessener Platz in der Ideengeschichte des Entwicklungsdenkens zugewiesen.

Militär und Musikleben im langen 19. Jahrhundert. Eine Globalgeschichte

Das Buchprojekt untersucht in globaler Perspektive die Rolle und Bedeutung des Militärs im zivilen Musikleben des langen 19. Jahrhunderts. Als Institution wurde die Militärmusik im Laufe dieses Jahrhunderts zu einem konstitutiven Bestandteil des Musiklebens. Das Militär wirkte bei der Instrumentenentwicklung und der Professionalisierung des Musikerberufs genauso mit, wie es die Kommerzialisierung des Musikbetriebs, die Aufwertung der Kunstmusik als auch des populären Amateurmusikbereichs und nicht zuletzt die Verbreitung europäischer Musik und Musikformationen in aller Welt maßgeblich mit begleitete und gestaltete. Mit der Studie werden so frische Perspektiven auf die Musikgeschichte eröffnet und zugleich ein substanzieller Beitrag zu einer globalen Sozialgeschichte geleistet, indem an einem weltweit auftretenden Phänomen wie der Militärmusik lokal differenzierte gesellschaftliche Wirksamkeiten sichtbar gemacht werden.

Beethoven in the World: A Global Historical Perspective

Beethoven and his music resounds throughout the land. In 2020, the entire world will celebrate the 250th anniversary of the composer. True friends of Beethoven have found out that today, no other name is so frequently used in street names and places worldwide than that of their hero. For them, it is without question that Beethoven’s music is known all over the world, and his music is played everywhere. It seems like the universal ambitions expressed in Beethoven’s music have finally matched with a truly global reception, thus making the child of Bonn a ubiquitous global phenomenon and a cultural heritage for the whole of mankind. Against this backdrop, and following a global historical perspective, this depiction is put to an empirical test in several projects. As a follow up to my talk at the BTHVN Perspectives Symposion in Bonn in February 2020, my contribution to the  edited volume proposes an analytical framework which helps to explain why the global reception of Beethoven has been much more uneven than currently maintained by the media and jubilee actions. Together with students from the University Konstanz, we produced a podcast series on Provincializing Beethoven. Another article is in preparation which for the first time will shed light on the history of Beethoven's reception in Africa.

Abgeschlossene Projekte

Im Dienste des Staates - Kooperationsprojekt mit dem Institut gesellschaftlicher Zusammenhalt

Musicking in Twentieth Century Europe - mit Klaus Nathaus

Das Handbuch nimmt zentrale Themen und Schlüsselentwicklungen im europäischen Musikleben während eines langen 20. Jahrhunderts von den Anfängen der modernen Musikindustrie bis zur Nutzung des Internets in den Blick und macht seine Leserinnen und Leser mit rezenten Trends und Ansätzen der interdisziplinären Musikgeschichtsschreibung vertraut. Es nimmt Christopher Smalls Konzept des „Musicking“ zum Ausgangspunkt und betrachtet „Musik“ als eine ganze Reihe von Praktiken, vom Komponieren, Aufführen, Zuhören und Tanzen bis zum Verlegen, Besprechen, Vermarkten und Instrumentalisieren. Mit seinem praxeologischen Ansatz schreibt es sich in die übergreifende Agenda der neuen Handbuchreihe „Contemporary European History“ ein, die bei De Gruyter erscheinen und von Matthias Middell und Corinna Unger herausgegeben wird. Gleichfalls ganz im Einklang mit der Reihe, zeigen renommierte Autorinnen und Autoren aus ganz Europa und den USA von ihrem jeweiligen (Forschungs-)Standort aus transnationale Verbindungslinien auf und ziehen Vergleiche, sodass in der Gesamtschau ein neues, facettenreiches Bild vom europäischen Musikleben im 20. Jahrhundert entsteht. Das Projekt wurde von der Gerda Henkel Stiftung und der University of Oslo gefördert.

Nineteenth Century Cosmopolitanisms beyond Europe: Practices of World Citizenship in an Age of Empire - mit Valeska Huber und Jan C. Jansen

The nineteenth century, jammed between the classic, European-dominated age of Enlightenment and the cosmopolitan condition of the late twentieth century, figures less prominently in scholarship on cosmopolitanism. Despite the century’s central place in the emergence of an increasingly connected world, scholars seem to be little inclined to see cosmopolitanism as a feature of an age shaped by high imperialism, nationalism, and racial thinking. The special issue, which results from a symposium on Cosmpolitanisms funded by the VolkswagenStiftung, sets out to change this picture and to delineate a variety of cosmopolitan practices during a supposedly “un-cosmopolitan” period. In fact, the nineteenth century proves a particularly apt case for a critical reassessment of cosmopolitanism and for the study of its complex relationship with unfolding empires and emerging nation-states in different geographic contexts.

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